Europa-Tag: Bundestagsabgeordneter diskutiert mit Oberstufenschülern

CDU-Parlamentarier Dr. Brodesser besucht Gesamtschule Marienheide
Der Europa-Tag, am 9. Mai, liegt zwar schon eine Weile zurück, doch der oberbergische Bundestagsabgeordnete Dr. Carsten Brodesser (CDU) nahm den Termin zum Anlass, der Gesamtschule Marienheide einen Besuch abzustatten, um mit Schülerinnen und Schülern über die aktuelle Lage in Europa zu diskutieren. Anderthalb Stunden sprach der Parlamentarier mit Teilnehmern des Leistungskurses Sozialwissenschaften aus der Stufe 12 (Q1) sowie mit ihrem Fachlehrer Andreas Klein. Aufgeschlossen, interessiert und kritisch zeigten sich die Oberstufenschüler*innen gegenüber dem Besucher. Der Lindlarer, der seit 2017 als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag in Berlin sitzt, fand schnell Kontakt zu den jungen Leuten. Weder sie noch Brodesser, locker auf einem Tisch im Kreis der Schüler*innen sitzend, hatten mit Berührungsängsten zu tun.
Der diplomierte Volkswirt und promovierte Historiker erzählte von seinen „zwei Leben“ – in Berlin und in seiner oberbergischen Heimat; ein Job, der nur wenig Zeit für Privates und Familie lasse, aber eben auch Spaß mache, weil er mit großer Verantwortung für die Menschen verbunden sei. Und auf die Frage einer Schülerin, ob er Personenschutz genieße, antwortet er mit nein. Den gebe es nur für Minister und höherrangige Politiker.
Die folgende Gesprächsrunde machte deutlich, wie komplex das Thema Europa ist. Gerade angesichts des Krieges in der Ukraine und der Flüchtlingsfrage – die es bereits seit 2015 gebe – zeigten sich unter anderem die Schwierigkeiten im europäischen Bemühen um die Verteilungsfrage. Reformbedarf, so ein Schüler, sei doch dringend notwendig. Im oberbergischen Kreis, beruhigte Brodesser, sei das glücklicherweise bisher gut gelaufen: „Über 95 % der Flüchtlinge sind privat untergekommen“ und müssten nicht in eine Massenunterkunft.
Viele weitere Aspekte berührten das Thema Europa: Warum z.B. dürfen Ukrainer sofort arbeiten und erhalten Arbeitslosengeld, während Flüchtlinge aus Syrien oder anderen Kriegsregionen dieses Recht nicht hätten? Brodesser erläuterte in dem Zusammenhang nicht nur die Bedeutung der europäischen Solidargemeinschaft, sondern verwies auch auf den Fachkräftemangel in vielen Arbeitsfeldern: „Menschen mit Qualifikation sollten schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden.“
Kritisch hinterfragt wurden im Gespräch von Schülerseite auch die oft sehr hohen Anforderungen in Studium und Ausbildung. Ein Numerus Clausus im Einser-Bereich sei für viele Abiturienten nicht erreichbar. Und dass z.B. in der Medizin zu wenige Studienplätze vorhanden seien, musste der CDU-Mann bestätigen. Wirtschaftskompetenz müsse, so Brodesser, in den Schulen verstärkt vermittelt werden. Könne dafür vielleicht auf die Gedichtanalyse verzichtet werden? Die anwesende Deutschlehrerin runzelte die Stirn.
Andere Diskussionspunkte drehten sich um die Inflation, die „Versiebenfachung“ der Geldmenge in den letzten Jahren, die Energiepolitik, die steigenden Mieten, die Staatsschulden, die Corona-Pandemie, die Sorgen der Menschen wegen der hohen Lebensmittelpreise, die große Zahl der Lobby-Verbände und die Nebeneinkünfte der Politiker. Natürlich blieb der Ukraine-Krieg im Blick der Teilnehmer. Dass Finnland und Schweden in Kürze Mitglied der NATO werden, sieht Brodesser positiv. Eine Ausweitung des Krieges halte er eher für unwahrscheinlich.
In der Bilanz: Insgesamt war es eine fruchtbare Begegnung zwischen den Marienheider Oberstufenschüler*innen und dem Berliner Gast aus Lindlar.
Von Harald Meißner