Riesengaudi im Tiefschnee

Nach einem Meter Neuschnee am Großglockner kommt die SKI-AG der Gesamtschule Marienheide erstmalig in den Genuss des “Powderns”

Felix Neureuther, der erste deutsche Riesenslalom-Sieger seit 1973, sprach nach seinem Sieg in Bormio von einem “extrem guten Start ins neue Jahr”. Die Wintersport-AG der Gesamtschule Marienheide musste für einen extrem guten Start nicht mal nach Italien fahren. Schon bevor die Reise am Freitagabend, den 24.01.2014, ins österreichische Kals am Großglockner begann, bestaunte die Reisegruppe die Pack-Künste der beiden Busfahrer. Auf Anraten eines Vaters nutzen sie ökonomisch die übriggebliebenen oberen Freiräume des Buskofferraumes ganz á la Tetris, indem sie mit einem Skistock Gepäckstücke dort hineinpressten. Als alle im Bus waren, tönte die männlichste aller Stimmlagen, mit einem charmanten russischen Akzent durch die Lautsprecher: “Damen und Herren. Fahren wir los. Haben Temperatur reguliert, hoffe angenehm!”

Nach einer zwölfstündigen Reise wurde die Gruppe am Samstagmorgen in Kals von bestem Kaiserwetter in Empfang genommen und man besorgte sich im Ski-Depot das alpine Equipment und literweise Almdudler im Supermarkt. Der Abend war wie jeder folgende für die Wochenplanarbeit vorgesehen, in welcher der versäumte Schulstoff nachgearbeitet wurde. Es handelt sich bei der Wintersport-AG nämlich nicht um eine feuchtfröhliche Klassenfahrt, sondern um eine stufenübergreifende Sport-AG, in der Körper und Geist gefordert werden. So war es auch nicht verwunderlich, dass sich die meisten Schüler/innen in der Regel schon vor den geforderten Ruhezeiten in ihre Kojen warfen.

Am Sonntag war es dann endlich soweit. Ab aufs Brettle! Das Wetter, nun zu einem amtlichen Wintersturm umgeschlagen, konnte jedoch nichts an den sonnigen Gemütern der Teilnehmer ändern. Die Sturmhauben wurden hochgezogen und die Wintersport-AG machte sich aufgeteilt in drei Gruppen (Profis, Fortgeschrittene, Anfänger) auf, um den Berg zu bezwingen. Eine besondere Aufgabe wurde der Profi-Gruppe zugetraut. Sie sollten gemeinsam mit einem Skilehrer auf den Referendar aufpassen, der in erster Linie für die Durchführung der Wochenplanarbeit mitgekommen war. Unter den vier Begleitpersonen war er der einzige, der kein Skilehrer war und zuletzt Ski gefahren ist, als 90% der Teilnehmer noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt hatten. Der Sinn hinter dieser ehrenvollen Aufgabe war es, dass die Profis Verantwortung für ein 86kg schweres, unkontrolliertes Pistengeschoss übernahmen und damit unter Beweis stellen sollten, dass sich ein jeder von ihnen als ein kollegiales Mitglied einer Gruppe versteht und nicht vom eigenen Ego getrieben gen Tal rast. Das bescherte zwar dem Referendar intensive “Kontakte” mit Wänden, Felsen und Eisplatten, jedoch bewährte sich dadurch auch die Profigruppe, indem sie immer wieder anhielt und dem Bruchpiloten ohne zu murren und dafür mit einem breiten Grinsen auf seine wackligen Beine half.

Ein großes Privileg war das Beisein einer professionellen Skilehrerin, die vom Leiter der Wintersport-AG organisiert wurde. Wofür andere weit über hundert Euro pro Stunde zahlen müssen, das bekamen die Teilnehmer der Wintersport-AG eine Woche lang für ein Lächeln. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Anfängergruppe, die anfangs noch im Pflug die blauen Pisten runterstolperte, bereits nach der Hälfte des Aufenthaltes, Talabfahrten auf roten Pisten meisterte. Den Skilehrern und der unbändigen Motivation der Gruppe ist es ebenfalls zu verdanken, dass in der gesamten Woche durchgängig Ski gefahren wurde und keine Verletzungen zu beklagen waren.

Nach einigen perfekten Sonnentagen, die eine freie Sicht auf den Großglockner preisgaben, erlangte das Skifahren am vermeintlich letzten Tag der Wintersport-AG eine neue Dimension. Petrus bescherte Kals einen Meter Neuschnee, sodass alle ihre helle Freude daran hatten, sich in die Rücklage zu begeben und den jungfräulichen Tiefschnee mit den eigenen Spuren zu signieren. Doch die unendliche Masse an Schneeflocken sollte noch für ein abenteuerliches Ende der Reise sorgen. Fahrzeuge durften sich an besagtem Tage nur mit Schneeketten fortbewegen und um 19.00 Uhr wurden die Straßen endgültig gesperrt. Die geplante Heimfahrt am Samstagmorgen fiel “in den Schnee”.

Samstags hörte man immer wieder Dynamitladungen in der Ferne und das darauf folgende dumpfe Grollen einer Lawine, das die Fenster der Herberge erzittern ließ. Gespannt warteten alle auf den Anruf des Reisveranstalters. Würde man Sonntag abreisen? Oder Montag? Oder noch später? Alles stand in den Sternen. Der Laden im Dorf wurde leergekauft, um sich vorsorglich für ein Winter-Biwak einzurichten. Dann endlich die Erlösung. Sonntagmorgen um 7.30 war Abfahrt im Tiefschnee. Nach diesem “extrem guten Start ins neue Jahr”, der mit einem Schuss Abenteuer gekrönt wurde, kam die Reisegruppe erschöpft aber glücklich am Sonntagabend im Bergischen Ländle an. Peter Wackel hat es in seinem Apres-Ski-Hit “Skifoan” auf den Punkt gebracht: “…und wenn da Schnee staubt, und wenn die sonn’ scheint, dann hob i alles Glück in mir vereint” In diesem Sinne freuen sich alle auf die Fortsetzung der Wintersport-AG im Jahre 2015. Ich für meinen Teil darf mich empfehlen und verbleibe mit einem: “Vergelt´s Gott!” (kup)