Jesús, ein Mexikaner in Marienheide

Bericht des Spanischkurses sn2 der EF, C. Storp

Am Freitag, den 12.07.2019 ist Jesús nach Mexiko zurückgeflogen. Elf Monate hat er bei uns im Bergischen Land verbracht, viel Zeit davon an der Gesamtschule Marienheide. Wer ist Jesús? Warum ist er nach Deutschland gekommen? In einem Interview am Ende des Spanischkurses der EF hat er all unsere Fragen gerne beantwortet.
José de Jesús Luna Maranto, so sein vollständiger Name, kommt aus Poza Rica im Bundesstaat Veracruz. Das ist ein Ort mit ca. 100 000 Einwohnern, an der Ostküste gelegen, immer gutes Wetter, manchmal zu warm. Jesús hat eine Schwester, sie studiert Chemie. Sein Vater arbeitet in der Stadt­verwaltung und die Mutter hat zwei Berufe, was uns sehr erstaunt hat. Sie hat eine Bäckerei und unterrichtet Pädagogik an der Universität von Poza Rica. Sie arbeitet Tag und Nacht, wie uns Jesús erzählte. Jesús interessiert sich sehr für Sprachen. Englisch hat er als erste Fremdsprache erlernt, Französisch und Deutsch kamen hinzu. Aber zu unserem Glück hat ihm Deutsch sehr viel mehr Spaß gemacht, so dass er schließlich an dem „Rotary Youth Exchange“ teilnahm und in der Familie Kippels im Bergischen Land „landete“. Deren Sohn verbrachte gerade ein Jahr in Taiwan.
Seine ersten Eindrücke von Deutschland? Die Autobahnen kosten nichts, die öffentlichen Verkehrs­mittel sind fantastisch, alles ist „ordenado“, geordnet und geregelt. In Mexiko sei das Leben gefährlicher, aber auch lustiger. Die Deutschen sind reservierter, der Handschlag zur Begrüßung kommt ihm immer noch etwas merkwürdig vor. Die Mexikaner umarmen sich oder geben sich ein Küsschen. An Weihnachten hat ihm seine Familie sehr gefehlt. Vermisst hat er auch das leckere mexikanische Essen, vor allem Enchiladas und Tacos. Aber Schnitzel, Currywurst, Kartoffelsalat und sogar Schweinshaxe haben ihm auch geschmeckt.
Und wie hat er das Leben an der Schule in Marienheide erlebt? Jesús erzählt, dass es in Mexiko strenger an der Schule zugeht. Schuluniformen sind Pflicht, außerdem ein kurzer Haarschnitt. Hier in Deutschland habe er es genossen, Freistunden außerhalb der Schule verbringen zu dürfen. Die Doppelstunden seien manchmal hart gewesen, besonders am Anfang, als er kaum Deutsch konnte. In unserem Spanischkurs haben wir es geliebt, wenn er uns schnell mit spanischen Vokabeln aushelfen konnte. Und umgekehrt haben wir manches Mal seinen deutschen Wortschatz getestet. Dass Jesús mit einigen Schülern aus dem Sportkurs von Herrn Kholki am Halbmarathon in Bonn teilnehmen konnte, war für ihn ein unvergessliches Erlebnis. Trainiert hatte er regelmäßig auf dem Bahndamm Richtung Wipperfürth. Und auch das Skifahren im Sauerland war für ihn etwas vollkommen Neues. Als es schließlich darum ging, mit „Fridays for Future“ gegen den Klimawandel auf die Straße zu gehen, war Jesús in Köln dabei – zusammen mit unserem zweiten Austauschschüler Myles Harrison aus Alaska und vielen anderen Schüler*innen aus unserer Stufe.
Jesús hat während seines Aufenthaltes im Bergischen Land in drei verschiedenen Familien gelebt. Jede Erfahrung war anders, mal war er auf sich allein gestellt, mal gab es „Geschwister“, mit denen er deutsche Traditionen kennenlernen konnte. Beeindruckt hat ihn vor allem der verrückte, bunte Karneval, aber auch der St.-Martins-Umzug war für ihn etwas Besonderes. Und er ist wohl auch über­zeugter Anhänger des 1. FC Köln geworden.
Am Ende seines Aufenthalts war Jesús viel unterwegs. Er hat Europa mit der Austausch-Organisation bereist. Köln, Heidelberg, Straßburg, Zürich, das Allgäu, die Zugspitze, München, Dachau, Salzburg, Wien, Prag, Dresden, Potsdam, Berlin, Wolfsburg, Hamburg, sogar die ostfriesische Insel Wangerooge und Münster hat er kennengelernt oder gesehen. Als Jesús zurückkam, war er nur noch müde. Er schlief im Unterricht ein. Mit seiner Schwester hat er dann noch Paris besucht.
Am Ende wartete schließlich noch eine anspruchsvolle Abschlussprüfung in Deutsch auf ihn. Jesús ist skeptisch, ob er das Level B2 geschafft hat. Wir sind allerdings sicher, dass er es „gepackt hat“. Denn er spricht mittlerweile so gut Deutsch, dass wir es kaum fassen können. Und das akzentfrei. Vielleicht kehrt Jesús in zwei Jahren zu unserer Abifeier nach Marienheide zurück? Wer weiß … Alles Gute, Jesús. ¡Adiós! Wir vermissen dich schon jetzt.