Interview der Klasse 8a mit Bürgermeister Hr. Uwe Töpfer

“Jede Gemeinde bekommt den Bürgermeister, den sie verdient”

Interview der Klasse 8a mit Hr. Töpfer vom 30.01.2014

1. Sehen Sie den Umgang mit den Medien eher positiv oder eher negativ?

Das ist eine einfache Frage, die aber schwer zu beantworten ist. Wenn man ein langfristiges politisches Engagement anstrebt, sollte man Vertrauen in die Medienvertreter haben. Mein Grundprinzip ist es bei der Wahrheit zu bleiben, wenn ich mit der Presse spreche. Das ist hier in Marienheide primär das Radio und die Lokalzeitung. Mit diesen Medien sollte man eine Vertrauensbasis als Bürgermeister anstreben. Es gibt aber auch viele Politiker, die Stress mit den Medien haben.

2. Wie wird man Politiker?

Zuallererst: Es gibt keine wirklichen Voraussetzungen, außer mindestens 23 Jahre alt und EU-Bürger zu sein. Gut ist natürlich eine juristische oder kaufmännische Ausbildung. Ich selbst bezeichne mich nicht als Politiker, sondern als Chef des Rathauses. Meine Hauptaufgabe ist die Weiterentwicklung der Gemeinde. Das ist viel Lobbyarbeit, um Geld für die Gemeinde zu bekommen. Ich sehe mich nicht in erster Linie als Parteipolitiker.

3. Warum gibt es in Marienheide so eine hohe Geschäftsfluktuation?

Das Problem ist in Marienheide nicht größer als anderswo: Das Internet verändert das Konsumverhalten, viel wird online gekauft, dadurch veröden die Innenstädte. In Marienheide gibt es primär inhabergeführte Geschäfte. Das bedeutet, dass den Besitzern oft auch das Haus gehört, in dem sich das Ladenlokal befindet. Größere Firmen hingegen siedeln sich in Marienheide nicht an. Die Gemeinde ist dafür zu klein. Douglas z.B. eröffnet nur Filialen ab 20000 Einwohner in einem bestimmten Umkreis.

4. Was ist die Haupteinnahmequelle von Marienheide?

Das produzierende Gewerbe ist hier wichtiger als der Dienstleistungsbereich. Z.B. stellt die Firma Rüggeberg derzeit ca. 800 Arbeitsplätze im Bereich der Metallverarbeitung. Es gibt viele Fabriken, aber auch Handwerksbetriebe und Büros. Außerdem ist die Region Vorzeigeregion im Bereich Kunststoffverarbeitung. Die Gemeinde nimmt pro Jahr ca. 30 Mio. ein. 10 Mio. durch Unternehmenssteuern, 5 – 6 Mio. durch Grundsteuer (Hausbesitzer, Landbesitzer), Rest: diverses.

5. Wie werden sie in den Medien dargestellt?

Ich habe einen ganz guten Ruf und keine Probleme mit den Medien. Marienheide war anfangs eine schwierige Kommune mit wenig Geld und vielen Schulden. Während meiner Amtszeit schaffte ich es, die Neuverschuldung fast abzubauen. Sicherlich habe ich auch aufgrund dieser Ergebnisse ein gutes Verhältnis zur Presse.

6. Kommen auch Bürger mit Wünschen zu Ihnen persönlich?

Ja, und das jeden Tag! Oft geht es dabei um Nachbarschaftsstreitigkeiten. Oft erlebt man dabei auch skurille Geschichten: Z.B. wollte ein Bürger, dass er den Hahn des Nachbars entfernt, da dieser zu früh kräht.

7. Erfüllen Sie auch Wünsche der Bürger?

Leider ist es nicht möglich, viele Wünsche zu erfüllen, da zu wenig Geld da ist. Deshalb wird es z.B. auch keinen Skaterpark in Marienheide geben.

8. Haben Sie viele Termine als Bürgermeister?

Ja, auch abends. Ich mag es eher locker, gehe auch gern auf die Schützenfeste. Ich werde überall hin eingeladen und sollte mich da auch sehen lassen. Das mache ich gerne, da die Leute meistens nett sind, selbst, wenn mich die Themen nicht so interessieren. Nur Reden höre ich nicht so gerne, die sind mir oft zu lang.

9. Wie lang sind sie schon Bürgermeister und wie sind sie Bürgermeister geworden?

Meine Amtszeit endet am 22.06.14, dann war ich 15 Jahre lang Bürgermeister. Als Kind wollte ich mich noch nicht politisch engagieren, das war eher Zufall. Ich war vorher Chef des Abfallverbandes und bin dann gefragt worden, ob ich kandidieren möchte. Ich habe darüber lange mit meiner Familie nachgedacht. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob ich das wirklich möchte, da man als Bürgermeister eine öffentliche Person ist und im Fokus der Medien und der Bevölkerung steht. Ich habe mich dann aufstellen lassen, rechnete als SPD-Kandidat in einer konservativen Region aber nicht mit dem Sieg. Ich war wohl damals für die Bevölkerung das “kleinere Übel”.

10. Wieso hören sie am 22.6. auf?

Ich bekam immer schon Angebote, etwas anderes zu machen, es passte aber zeitlich nie. Die Legislaturperiode einer Amtszeit ist 5 Jahre. Ich wollte nicht während der Amtszeit gehen, da mir Glaubwürdigkeit sehr wichtig ist und ich ja auch weiterhin hier in der Region leben möchte. Nun habe ich ein Angebot bekommen, welches zeitlich passt und werde nun voraussichtlich in die Energiewirtschaft wechseln, zusätzlich werde ich noch weitere Projekte betreuen.

11. Wie ist das Prozedere bei der Entscheidung über Wünsche der Bürger?

Im Gemeinderat sitzen 28 Personen, außerdem gibt es noch diverse Ausschüsse zu bestimmten Themen. Die Pläne werden den Ausschüssen vorgelegt und dort diskutiert und überprüft. Jeder darf dabei seine Meinung äußern.

12. Was ist, wenn es zur Neuwahl keine zwei Kandidaten gibt?

Es wird zwei geben. Man kann sich durch seine eigene Partei nominieren lassen oder, auch als Parteiloser, durch Unterschriften der Bevölkerung. Dafür benötigt man dann 150 Unterschriften. Ich meine: “Jeder bekommt den Bürgermeister, den er verdient”.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!